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Dienstag, 24. Dezember 2002
Mutter ist wieder depressiv. Vorgestern habe ich sie aus der geschlossenen Anstalt nach Hause geholt, damit wir zusammen mit ihrem Freund einen ruhigen Weihnachtsabend feiern können. Seit Nachmittag liegt sie jedoch in der Sofaecke und weint sich die Seele aus dem Leib. Sie redet so selbstverständlich von Selbstmord wie ich über schlechtes Wetter klage. Vor Monaten, als es mal wieder ganz schlimm und ein Notarzt hier war, der ihren Monologen über Suizid lauschte, meinte dieser, dass er einen Sanitäter und die Polzei rufen würde, da sie äußerst gefährdet sei. Normalerweise darf kein Deutscher Bürger gegen seinen Willen in eine psychatrische Anstalt eingewiesen werden, sagte er zu uns, als wir uns vor dem Haus trafen, um uns zu beraten. Aber in Fälle von Selbstgefährdung, der hier offenkundig vorliegen würde, sei dies ein legitimer Weg, das Leben ihrer Mutter zu retten, meinte er zu uns. Dass die Polizei zusammen mit dem Sanitäter anrücken würde, wäre nötig, da Sanitäter keinerlei Gewalt anwenden dürften. Dies sei aber wohl leider nötig, da sich Mutter nicht freiwillig in die Anstalt liefern lassen würde. Also auch Polizeikraft in unsererm Haus. Wie froh war ich an diesem Tag, dass wir in der Einöde, auf einem kahlbewachsenen Berg, wohnen. Heute ist es wieder schlimm. Oh du fröhliche... Ihr behandelnder Arzt hat mir vorgestern einige Spritzen mitgegeben, die ich benutzen soll, wenn es ganz schlimm wird. Ich warte noch damit. Ihr Freund kümmert sich vorbildlich um sie. Da sie ihn aber vorhin mit einem - zum Glück - stumpfen Messer gegenüberstand, dekoriert er gerade den Weihnachtsbaum. Es wundert mich immer wieder, wie viel ein Mensch weinen kann. Ich bin selbst schon ganz traurig, ausgelaugt. Es ist wohl einer jener Momente, in denen ich das Familienleben verdamme.  [24.12.02, 20:53] [x]
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